Es wird vorausgesetzt, dass die Fragen des EGMR bekannt sind. Nachfolgend zitiere ich die beiden konventionsrechtlichen Vorschriften, auf die die Kleine Kammer verwiesen hat.

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Beschwerde vor dem EGMR in Sachen EALG

Anmerkungen eines Beobachters der Verhandlungen vom 29.01.2004

Es wird vorausgesetzt, dass die Fragen des EGMR bekannt sind. Nachfolgend zitiere ich die beiden konventionsrechtlichen Vorschriften, auf die die Kleine Kammer verwiesen hat.

Art. 1 des 1. Zusatzprotokolls zur EMRK bestimmt: „Jeden natürliche oder juristische Person hat ein Recht auf Achtung ihres Eigentums. Niemandem darf sein Eigentum entzogen werden, es sei denn, dass das öffentliche Interesse es verlangt, und nur unter den durch Gesetz und durch die allgemeinen Grundsätze des Völkerrechts vorgesehenen Bedingungen. Die vorstehenden Bestimmungen beeinträchtigen jedoch in keiner Weise das Recht des Staates, diejenigen Gesetze anzuwenden, die er für die Regelung der Benutzung des Eigentums im Einklang mit dem Allgemeininteresse oder zur Sicherung der Zahlung von Steuern oder sonstigen Abgaben oder von Geldstrafen für erforderlich hält.“

Art. 14 EMRK definiert das Diskriminierungsverbot folgendermaßen: „Der Genuss der in dieser Konvention anerkannten Rechte und Freiheiten ist ohne Diskriminierung insbesondere wegen … des Vermögens … zu gewährleisten.“

Völkergewohnheitsrecht / EMRK

Zu Frage 1 wurde der Kleinen Kammer vorgetragen, dass nach Völkergewohnheitsrecht das Eigentum der SBZ-Opfer (1945-1945) durch die SBZ/DDR Zeit hindurch nicht untergegangen ist. Erst das vereinte Deutschland hat sich an den räuberischen Akten der vorliegenden Art bereichert. Deutschland muss die SBZ-Opfer mit allen sich daraus ergebenden Konsequenzen rehabilitieren. Dies war konventionsrechtlich eine „berechtigte Erwartung“ der SBZ-Opfer nach dem 03.10.90. Diese Argumentation ist schlüssig.

Die Kleine Kammer hat den Fall an die Große Kammer verwiesen. Es ist offen, ob sie der Argumentation mit dem Völkergewohnheitsrecht folgen wird, denn mit einer derart unterlegten Entscheidung würde das Gericht womöglich ein Präjudiz für alle ehemaligen kommunistischen Staaten schaffen, ganz gleich, ob sie schon Rehabilitierungs- und Entschädigungsregelungen getroffen haben oder nicht. Würde die Große Kammer nur nach Völkergewohnheitsrecht den damaligen Raubzug in der SBZ entscheiden können, weil die Beschwerdeführer dem Gericht keine rechtliche Alternative vorlegen, könnten In- und Ausländer von anderen Staaten (z.B. Polen, Tschechien) mit Verweis auf eine positive Entscheidung des EGMR dort ebenfalls Rückgabe oder Verkehrswertentschädigung fordern. Diesen europapolitisch Sprengsatz wollte die Kleine Kammer offensichtlich nicht anfassen und hat deshalb an die Große Kammer verwiesen.

Ich vermute, dass die Kleine Kammer ihre klug formulierten Fragen vor diesem Hintergrund gestellt hat und auf alternative „Ballvorlagen“ der Beschwerdeführer wartet. Der nachfolgend aufgezeigte Weg ist die „2. Ballvorlage“, die stringenter als bisher geschehen etwa wie folgt vorgetragen werden sollte:

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1. DDR VermG / Gemeinsame Erklärung / Einigungsvertrag / EMRK

• Die nach Krenz/Modrow gewendete DDD war am 17.06.90 ein Rechtsstaat geworden. Die neu gewählte Volkskammer beschloss das DDR-Vermögensgesetz, wonach den NS/DDR-Opfern die Rückgabe von enteigneten, volkseigen gewordnen Sachen („weiße Felder“ = Sachen in öffentlicher Hand) zustand.

• Für redlich erworbene Sachen in Privathand („schwarze Felder) sollte ein Entschädigungsgesetz erlassen werden, was aber vor dem 03.10.90 der DDR nicht mehr gelang.

• Das DDR-Vermögensgesetz sah also Rückgabe vor. Art. 9 I EV macht das DDR-Vermögensgesetz zu integralem Bundesrecht. Es verliert durch Art. 9 I EV seinen Charakter als ...

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