Für eine alleinstehende Frau standen lediglich sehr wenige Alternativen offen, wenn sie nicht heiraten wollte bzw. konnte. Es war ihr weder möglich, einen Beruf auszuüben noch an einer Universität zu studieren, geschweige denn am politischen Geschehen teilzuhaben; dennoch konnte sie beispielsweise als Gouvernante für Kinder anderer Familien arbeiten, hatte dann aber zumeist ein niedriges Einkommen oder litt unter schlechten Arbeitsbedingungen. So blieben ihnen die folgenden einzigen Möglichkeiten offen um finanzielle Mittel zu bekommen: Entweder die Heirat mit einem vermögenderen Mann oder eine Erbschaft, die aber normalerweise dem Erstgeborenen zustand und nur in den seltensten Fällen einer ledigen Frau zustand. Ein selbständiges, unabhängiges Leben ohne fremde Unterstützung war somit zum Einen fast unmöglich und zum Anderen gesellschaftlich verpönt. Dies kann man an Lydias Flucht mit Mr. Wickham erkennen. Ihre Impulsivität beschert der ganzen Familie Scham und Trauer und durch ihr eigenmächtiges Handeln wird deren Ruf ruiniert. Eigenmächtiges Handeln einer ledigen Frau, besonders im Zusammenhang mit einem ebenfalls noch ledigen Mann, bedeutet den gesellschaftlichen Ruin für die ganze Familie.
Eine unverheiratete Frau war also in jedem Fall und bis auf sehr wenige Ausnahmen, abhängig von einer Person – seien es die Verwandten oder die Familie. Diese Meinung wird auch von Lady Catherine de Bourgh vertreten: „ Junge Damen sollten immer gehörig beschützt und bedient werden, wie es ihrer gesellschaftlichen Stellung zukommt.“ Ihre einzige Option, dem Elternhaus, einem brotlosen Leben und der Bezeichnung als `alte Jungfer´ zu entkommen, war die Flucht in eine Ehe, die zumindest dahingegen finanzielle Sicherheit und lebenslange Versorgung versprach, wenn auch in Abhängigkeit von einem Mann – wie bei „Fräulein Lucas, die ihn [Mr. Collins] ja lediglich aus reiner Berechnung erhörte und versorgt sein wollte…“.
Als verheiratete Frau in einer Versorgungsehe waren die Möglichkeiten für Charlotte Lucas ähnlich beschränkt wie vor der Heirat, aber „ihr Heim und ihr eigener Haushalt, ihr Pfarrhaus und ihre Geflügelzucht und alles, was damit zusammenhing, hatte den Reiz für sie noch nicht verloren“ . Ganz im Gegenteil, im Hause Collins war alles so „hübsch und geschmackvoll eingerichtet, dass Elisabeth darin nur Charlottes Hand erblicken konnte“ . Charlotte sah es zudem als ihre Aufgabe an, ihrem Mann Mr. Collins zum finanziellen Vorteil zu verhelfen: „Nur sehr wenige Tage vergingen, an denen Herr Collins nicht nach Rosings hinübergelaufen wäre, und nicht viele, an denen es seine Frau nicht für notwendig gehalten hätte, ebenfalls hinüberzugehen; erst als Elisabeth daran dachte, daß dort noch mehr Familienpfründen vergeben sein könnten, verstand sie, wie man dafür so viele Stunden opfern konnte“ .
In dieser Versorgungsehe wie auch der der Bennets, war keine Rede von dem, was sich Mrs. Bennet für ihre ältesten Töchter Jane und Elisabeth vorstellte und erhoffte: „riesiges Vermögen, vornehme Verwandtschaft und vielseitige Patronatsgerechtigkeiten“ sowie „feine Musselinstoffe, neue Wagen und Dienerschaft“ . Vielmehr bestand die einzige Sorge der Frau daraus, ein Kind, wenn möglich einen männlichen Erben, zu gebären und dem Kind die beste Erziehung angedeihen zu lassen. Nebenbei musste sie sich um das Wohlergehen und Glück des Mannes kümmern und alles zu seiner Zufriedenheit gestalten. Füllte sie diese Aufgaben aus, wurden ihr Achtung und Respekt der Gesellschaft entgegengebracht, ungeachtet des sozialen und gesellschaftlichen Standes.
Eine weiter negative Komponente der Versorgungsehe wird im folgenden Zitat deutlich: „In der ganzen Welt gilt es als ausgemachte Wahrheit, daß ein begüterter Junggeselle unbedingt nach einer Frau Ausschau halten muß“ . Die Frau war zu dieser Zeit nur die Trophäe des Mannes und damit Mittel zum Zweck. Um den Mann repräsentieren zu können, muss sie schließlich vorzeigbar sein und bestenfalls alle Tugenden beherrschen, um den Umgang in der Gesellschaft pflegen zu können und der Verbindung Ansehen zu verleihen. Dennoch unterstand sie dem Mann und musste weiterhin in allen Belangen sein Urteil akzeptieren und war natürlich weiterhin auch von ihm und seinem – auch finanziellen - Erfolg abhängig.
Eine Ehe aus Liebe, wie bei Jane Bennet und Charles Bingley wie aber natürlich auch bei Elisabeth Bennet und Fitzwilliam Darcy, gehörte damit zu Ausnahmen und war auch nicht immer angestrebt, was in warnenden Worten von Mrs.Gardiner an Elisabeth zu einer Beziehung mit Wickham deutlich wird: „ Laß dich nicht mit ihm auf Liebesbeziehungen ein und versuche nicht, ihn in solche Beziehungen zu verwickeln, die bei einem Mangel an Vermögen höchst unklug erscheinen müssten. Gegen ihn selber habe ich nichts einzuwenden. Er ist ein sehr interessanter junger Mann, und wenn er das Vermögen hätte das ihm eigentlich zustünde, könntest du gar keine bessere Wahl treffen. […] Du hast Verstand, und wir erwarten alle, dass du davon Gebrauch machst.“ Die Versorgung der Frau und damit das Vermögen des Mannes sind also oberste Gebote bei einer Eheschließung und sind der Gefühlsebene übergeordnet. Jane und Elisabeth Bennet haben so gesehen mit ihren Ehen unwahrscheinlich großes Glück, da sich Vermögen und Liebe vereinen können und sogar beide Männer den großen Standesunterschied aus Liebe hinnehmen. Obwohl beide nicht das Bildungsprofil haben, das in dem Stand ihrer Ehemänner eigentlich erforderlich ist, kann Jane durch ihre Schönheit und Elisabeth durch ihre Intelligenz und Wortgewandtheit bestechen. So nehmen Bingley als auch Darcy keine Rücksicht auf die Vorbehalte der beiden Schwestern Bingley und der Lady Catherine de Bourghs, sondern hören allein auf ihre Gefühle. Auf diese Art und Weise wird Jane und Elisabeth ermöglicht ihre Rolle als Ehefrau gepaart mit Liebe zu erfüllen.
Die Rolle der Frau in Stolz und Vorurteil stellt sich je nach Familienstand verschieden dar: als (junge) ledige Frau ist das Augenmerk auf die Ausbildung der Tugenden und die Suche nach einer geeigneten `Partie´, die wenn möglich die Anforderungen an Vermögen und den Stand erfüllt, um eine gute Versorgung zu gewährleisten, gerichtet. Nach der Heirat besteht die Rolle der Frau darin, dem Mann zu seinem Vorteil zu dienen, seine Erben zu gebären und zu erziehen sowie ihre Aufgaben und sein Glück zu aller Zufriedenheit zu komplettieren. Dabei war sie jedoch ihr Leben lang (finanziell) abhängig – entweder von ihrem Mann oder der Familie – und musste sich als untergeordnet begreifen.