II. Kooperationen auf Vertragsbasis
i. Der Handelsvertreter
Fehlende Erfahrung und nicht ausreichende Liquiditätsreserven für den Aufbau eigener Auslandsniederlassungen halten viele Unternehmen von einem potenziellen Auslandsauftritt ab. Die Investitionsrisiken sind vor allem bei der Expansion in fremdsprachige Märkte nicht zu unterschätzen. Eine mögliche Alternative stellt der Handelsvertreter dar, der nach §84HGB als selbstständiger Gewerbetreibender damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer Verträge zu vermitteln bzw. in dessen Namen abzuschließen. Der Vermittlungsvertreter ist lediglich zur Vermittlung von Verträgen berechtigt, während hingegen der Abschlussvertreter Verträge im Namen und auf Rechnung des Auftraggebers abschließen darf. Der Abschluss eines Handelsvertretervertrages ist nicht genehmigungspflichtig, jedoch sind die Meldevorschriften im Zahlungsverkehr zu beachten. Der Vertretungsvertrag wird für unbestimmte Zeit geschlossen und kann durch eine Kündigung aufgelöst werden, deren Fristen nach §89Abs.1HGB bestimmt sind. Es geht beim Abschluss eines Handelsvertretervertrages nicht um die Durchführung eines einzelnen Rechtsgeschäftes, er ist vielmehr auf eine längerfristige geschäftliche Zusammenarbeit ausgelegt. Der Handelsvertreter im Außenhandelsgeschäft ist meist eine ausländische Firma, die auf eigenes Risiko den Verkauf übernimmt, i.d.R. für mehrere Unternehmen arbeitet und deren Entlohnung erfolgsabhängig ist. Der Handelsvertreter ist niemals in eigenem Namen und für eigene Rechnung tätig, er trägt weder das Waren- noch ein sonstiges Geschäftsrisiko. Dies bedeutet, dass er bei den von ihm zustande gebrachten Geschäften nicht in Anspruch genommen werden kann, da diese stets im Namen des vertretenen Unternehmen abgeschlossen werden. Der Abschluss eines Handelsvertretervertrages bietet sich vor allem für Unternehmen an, die keinen Partner mit Finanzierungsmöglichkeiten suchen und die eine Bindung der Verkaufspreise bevorzugen, die z.B. bei einem Franchisekonzept nicht möglich ist. Als Vorteile bleiben zu erwähnen, dass der Handelsvertreter meist einen engen Kontakt zur Kundschaft besitzt, dass keine Investitionen in die Vertriebsstruktur des Handelsvertreters getätigt werden müssen und dass auch bei möglichen Absatzrückgängen die Vermittlungskosten pro Verkaufseinheit kalkuliert werden und kein fixer Betrag gezahlt werden muss. Die Zusammenarbeit mit Handelsvertretern birgt aber natürlich auch Schwierigkeiten. Da der Verkaufserfolg von sehr vielfältigen Faktoren abhängt, wie z.B. auch von der Wettbewerbsintensität, ist eine leistungsbezogene Steuerung und Entlohnung von Handelsvertretern recht schwer gestaltbar. Als Moral–Hazard–Problem stellt sich zudem dar, dass das deutsche Unternehmen nicht hinreichend kontrollieren kann, ob der Handelsvertreter im Ausland die erforderlichen Anstrengungen erbringt, um die Leistungserbringung zu gewährleisten. Auch gilt zu beachten, ob der gewählte Handelsvertreter überhaupt über die nötigen Kapazitäten verfügt, um die gewünschten Verkauferfolge erzielen zu können.
ii. Der Vertragshändler
Während der Handelsvertreter Geschäfte im Namen des vertretenen Unternehmens abschließt, wird dem Vertragshändler das Recht gewährt, in eigenem Namen und für eigene Rechnung die Waren eines anderen Unternehmens zu vertreiben. Somit trägt der Vertragshändler sowohl das Absatz- als auch das Kreditrisiko. Auch wenn keine gesetzlichen Regelungen den Vertragshändler ausdrücklich definieren, finden die Vorschriften des Handelsvertreterrechts für ein sog. Distribution Agreement grundsätzlich keine Anwendung. Als Ausnahmefall könnte allenfalls gelten, dass der Vertrag zwischen dem Unternehmen und dem Vertragshändler handelsvertreterähnliche Merkmale aufweist. Darunter könnte z.B. eine Vereinbarung fallen, nach der der Vertragshändler bei Beendigung des Geschäftsverhältnisses den von ihm akquirierten Kundenstamm dem anderen Unternehmen derart zur Verfügung stellen muss, dass letzteres auf Grundlage dieser Daten auch in Zukunft Geschäftsbeziehungen realisieren könnte. Auch wenn sich Distribution Agreements durch weitgehende Unabhängigkeit des Vertragshändlers auszeichnen, so bestehen doch meist vertragliche Vereinbarungen, die gewisse Richtlinien für den Vertrieb vorschreiben, um das Interesse des vertretenen Unternehmens zu wahren. Im Vergleich zum Franchising als vertragliche Kooperation, dessen Prinzip eingehend im nächsten Kapitel erläutert werden soll, lassen sich die im folgenden Absatz aufgewiesenen Unterschiede anführen.
Der Vertragshändler ist nicht weisungsgebunden, sodass es dem Unternehmen nicht möglich ist, ein für alle Vertriebsstellen einheitliches Konzept für die Erreichung der Vertriebsziele vorzugeben. Die kontinuierliche Unterstützung und Beratung des Vertragshändlers ist eher unüblich, da es sich zumeist um einen Fachmann handelt. Gerade bei Distribution Agreements fehlt häufig die vollständige Identifikation des Vertragshändlers mit dem vertretenen Unternehmen, sodass Marke und Name nur in einem gewissen Umfang benutzt werden. Das Franchising-System ist generell auf eine festere Zusammenarbeit ausgelegt und weist daher auch ein strafferes Organisationssystem auf. Auch wenn Franchising nach landläufiger Meinung als Form der internationalen Vertragskooperation vorzuziehen ist, da es besser an die Erfordernisse des modernen Vertriebs angepasst sein soll, so bieten sich Vertragshändler doch vor allem für den Vertrieb von gerade technischen Anlagen an, da hier versiertes Fachwissen gefragt ist.
iii. Franchising
Franchising ist als vertikale Kooperation zwischen zwei selbstständig bleibenden Unternehmen zu verstehen, bei der es um „die Übernahme eines Markennamens (...) und um die Bereitstellung von Know-how im Rahmen eines Marketingkonzepts durch den Franchisegeber gegen Bezahlung einer Gebühr“ geht. Es handelt sich um eine absatzmarktgerichtete Kooperationsform mit einem einheitlichen Marktauftritt, bei der der Franchisegeber über Weisungs- und Kontrollrechte verfügt und der Franchisenehmer das Recht erhält, in einem festgelegten Verkaufsgebiet tätig zu sein. Dafür muss dieser eine einmalige Eintrittsgebühr sowie eine laufende Beteiligung entrichten. Die Aufgaben des Franchisenehmers beinhalten die Erschließung des Marktes, den Aufbau eines Kundenstammes und die Führung des Personals. Der Franchisegeber stellt ein Beschaffungs-, Absatz- und Organisationskonzept, verleiht das Nutzungsrecht an Schutzrechten, bildet den Franchisenehmer im Vorfeld seinen Aufgaben entsprechend aus und leistet eine fortwährende aktive Unterstützung. Durch vorgegebene Standards kann sichergestellt werden, dass die Produkt- und Dienstleistungsqualität auf dem gewünschten Niveau gehalten wird. Dazu können Regelungen bzgl. der Gestaltung der Verkaufsräume, des Sortimentes oder zum Umfang des Warenlagers gehören.
Internationale Kooperationen durch Franchising versprechen zwar eine schnelle und gute Marktdurchdringung im Ausland, doch sollte stets die Existenz von regierungsseitigen oder juristischen Beschränkungen überprüft werden. Dazu gehören z.B. Investitionskontrollen und –verbote, Devisenbewirtschaftungen und Importbeschränkungen. Wichtig ist es daher von Anfang an im Zielland einen Rechtsanwalt zu kontaktieren, da bei Streitigkeiten oftmals das Recht jenes Landes angewendet wird, in dem der Franchisenehmer tätig ist. Der Rechtsschutz sollte zudem durch die Anmeldung von Warenzeichen gesichert werden. Notwendig sind immer gründliche Marktstudien, die die Entwicklung eines Konzeptes erlauben, das an die Verhältnisse des Exportlandes angepasst ist. Ggf. kann sogar die Schaffung einer neuen Marke ratsam sein. Sollte eine größere Anzahl von Franchisenehmern geplant sein, kann sich die Gründung einer Zweigniederlassung im Ausland empfehlen. Wichtigster Grundstein zum Erfolg des internationalen Franchising ist in jedem Fall die transparente Kommunikation des deutschen Unternehmens mit den Franchisenehmern im Ausland.
Für eine internationale Kooperation durch Franchising spricht vor allem die große wirtschaftliche Effizienz, die dieses Vertriebskonzept aufweist. Das allen Franchisenehmern gemeinsame Image verspricht eine optimale Marktpositionierung. Eine straffe Organisation und Führung lassen erfolgreich Umsätze realisieren und sichern durch zeitgemäßes Marketing eine moderne Vertriebsstrategie. Die angestrebte Expansion im ausländischen Markt ist vom finanziellen Aspekt her einfacher möglich, der eigene Kapitaleinsatz des Franchisegebers fällt vergleichsweise gering aus. Auch die kostenintensive Einstellung des Personals wird von den Franchisenehmern übernommen. Franchising kann sich in gewissen Punkten natürlich auch nachteilig gestalten. So kann der Franchisegeber seine geschäftlichen Ambitionen weniger strikt umsetzen als bei filialisierten Vertriebsstellen. Auch die Selektion der Franchisenehmer erweist sich oft als schwierig. „In Lateinamerika sind es namentlich Brasilien, Mexiko und Argentinien, wo das Franchising in steigendem Maße akzeptiert wird.“
III. Kooperationen durch Gemeinschaftsunternehmen/ -beteiligungen
i. Exkurs: Unternehmensgründung in Brasilien
Brasilien stellt mit ca. 186 Millionen Einwohnern den größten Absatzmarkt Lateinamerikas dar. Eine Gesellschaftsgründung in Brasilien kann bei einem durchschnittlichen Wirtschaftswachstum von vier bis fünf Prozent große Erfolgspotentiale bieten. Als Rechtsformen empfehlen sich hauptsächlich die Sociedade Limitada und die Sociedade por Ações. Der Gründung einer Filiale in Brasilien ist generell abzuraten, da sie die Zustimmung des Staatspräsidenten erfordert, zahlreiche Formalitäten mit sich bringt und zudem keine steuerlichen Vorteile bietet. Die Sociedade Limitada, auch als Ltda abgekürzt, beschränkt die Haftung auf das Gesellschaftsvermögen und schreibt nur bei Außenhandelsfirmen ein Mindestkapital vor. Ihre Gründung kann als weitesgehend unkompliziert eingestuft werden. Die Ltda verlangt mindestens zwei Gesellschafter. Sollten diese ausländischer Staatsangehörigkeit sein, so benötigen sie einen Zustellungsbevollmächtigten in Brasilien. Handelt es sich bei den Gesellschaftern um ausländische juristische Personen so muss zudem ein für die Bundessteuerbehörde (Secretaria da Receita Federal) Bevollmächtigter ernannt werden. Die Sociedade por Ações, auch als SA abgekürzt, beschränkt die Haftung der Aktionäre auf den Wert der selbst gezeichneten Aktien und schreibt auch nur bei Außenhandelsfirmen ein Mindestkapital vor. Da die SA umfangreiche Publizitätspflichten mit sich führt und ihre Gründung auch mehrere Monate auf Grund zahlreicher Bürokratievorschriften in Anspruch nehmen kann, ist sie als Gesellschaftsform weniger empfehlenswert. Der Vorstand der SA setzt sich aus mindestens zwei natürlichen Personen mit Wohnsitz in Brasilien zusammen, die nicht zwingend auch Aktionäre sein müssen. Die Gründungspapiere sind beim Handelsregister einzureichen und es ist eine Anzahlung von zehn Prozent des Ausgabepreises der Aktien bar bei einer autorisierten Bank zu hinterlegen. Für den Gewinntransfer nach Deutschland muss im Vorfeld der ausländische Stammkapitalanteil bei der brasilianischen Zentralbank registriert werden. Der brasilianische Real ist nicht ohne weiteres frei konvertierbar, die Zentralbank kontrolliert z.B. Direktinvestitionen und auch den Transfer von Dividenden. Mit der Registrierung kann der Rücktransfer steuer- und genehmigungsfrei erfolgen. Ausländische Investitionen sind seit des Beitritts Brasiliens am 7.1.1993 zur Multilateral Investment Guarantee Agency geschützt, und auch zwischen Deutschland und Brasilien besteht seit dem 30.4.1998 ein Investitionsschutzabkommen.
ii. Joint Ventures
„Ein internationales Joint Venture liegt dann vor, wenn mindestens zwei (...) selbstständige Unternehmen aufgrund eines gemeinsamen Zwecks das Risiko und die beiderseitige führungsmäßige Verantwortung aus einem gemeinschaftlichen Vorhaben übernehmen. Dabei gründen die kooperierenden Unternehmen eine separate Tochtergesellschaft.“ Aus dieser Autonomie des Joint Venture ergeben sich weitaus höhere Anforderungen an die Kontroll- und Integrationsmechanismen als bei einer rein vertragsbasierten Kooperation. Unterschieden werden kann zwischen einem Contractual Joint Venture und einem Equity Joint Venture. Bei einem Contractual Joint Venture handelt es sich um reine Absprachen zwischen den kooperierenden Unternehmen, ohne dass es zu einer organisatorischen Verselbstständigung kommt. Ein Equity Joint Venture setzt das Vorhandensein einer Joint Venture Gesellschaft mit eigener Geschäftsführung voraus. Auch wenn ein Joint Venture keine Verschmelzung der kooperierenden Unternehmen wie z.B. eine Fusion bedeutet, so ist es doch eine besonders intensive Kooperationsform, da eine vertraglich festgelegte dauerhafte Zusammenarbeit mit Kapitalbeteiligung eingegangen wird und unternehmensstrategische Entscheidungen in Bezug auf das Joint Venture nur noch gemeinsam getroffen werden können. Primär geht es den kooperierenden Unternehmen bei der Gründung eines Joint Venture um die Zusammenlegung komplementärer Ressourcen bei einer adäquaten Risiko- und Gewinnverteilung. Gerade in Lateinamerika folgen Joint Ventures oftmals dem Leitspruch: „Wir liefern das Know-how, der Partner das Know-who.“
Die Motive, die für die Entscheidung zugunsten eines Joint Ventures ausschlaggebend sind, sind meist sehr vielfältig. Aus Sicht der Transaktionskostentheorie ist ein Joint Venture jedoch nur dann sinnvoll, wenn die Summe der Produktions- und Transaktionskosten der Kooperation geringer ist als die Kosten für den Aufbau und den Bestand einer eigenen Tochtergesellschaft. Beim Resource-Dependence-Ansatz wird ein Joint Venture durch den Zugang zu den vom Kooperationspartner bereitgestellten Ressourcen legitimiert. Der Kontingenzansatz rechtfertigt das Joint Venture mit den gegebenen Rahmenbedingungen, unter die z.B. Protektionismus fallen würde. Protektionismus ist zu einem großen Anteil dafür verantwortlich, dass Joint Ventures die am häufigsten gewählte Kooperationsform zur Erschließung ausländischer Märkte darstellen. In vielen lateinamerikanischen Ländern existieren spezielle Rechtsvorschriften für Joint Ventures, die sich z.B. auf die Wahl der Rechtsform, die Besteuerung oder die zulässige Beteiligungshöhe beziehen. Der Erfolg internationaler Joint Ventures hängt in starkem Maße von den länderspezifischen Charakteristika des zu erschließenden Auslandsmarktes ab. Empfehlen kann sich im Vorfeld eine PEST-Analyse durchzuführen, um zumindest einen groben Überblick über die ökonomische und politisch-rechtliche Situation am Sitz des Joint Venture zu erhalten. Auch das Aufstellen längerfristiger Szenarien bzgl. der wirtschaftlichen Entwicklung eines Landes ist wichtig, da gerade die in vielen lateinamerikanischen Ländern gegebene Währungsinstabilität negative Auswirkungen auf die Rendite der dort getätigten Investitionen haben kann. Durchaus üblich ist es auch mit der ausländischen Regierung sog. Ansiedlungsvereinbarungen zu treffen, die sich mit Regelungen bzgl. Betriebsgenehmigungen, Rohstoffabbau, Devisenrechten oder Subventionen befassen.
Deutsch-Lateinamerikanische Vertriebs-Joint Ventures erfreuen sich großer Beliebtheit. Im Jahr 2000 gründeten die Audi AG und das brasilianische Unternehmen Senna Import die Joint Venture Gesellschaft Audi Senna Ltda mit dem Ziel durch eine Zusammenarbeit im Marketing und Vertrieb den brasilianischen Markt zu erschließen. Import Senna verfügte über gute Kontakte zur brasilianischen Regierung, sodass bürokratische Hürden schnell überwunden werden konnten. Darüber hinaus wurden durch die Einbeziehung der in der Bevölkerung angesehenen Familie Senna die Nachfragerakzeptanz sowie das Image der Marke Audi positiv beeinflusst und schnell ein relativ hoher Marktanteil erzielt. 2005 gab Audi die Gründung der 100-prozentigen Vertriebs-Tochtergesellschaft Audi Brasil Distribuidora de Veículos Ltda bekannt. Dieser Akt beinhaltete die Übernahme der restlichen 49 Prozent am brasilianischen Vertriebs-Joint Venture Audi Senna Ltda.
iii. Allianzen
„Von strategischen Allianzen (...) spricht man dann, wenn die Kooperation nicht nur der Verwirklichung einer kurzfristigen und zeitlich abgeschlossenen Aufgabe dient (...), sondern langfristig angelegt ist und die strategische Wettbewerbsfähigkeit des Partners berührt.“ Das grundsätzliche Motiv einer internationalen Allianz ist das Generieren gemeinsamer Wettbewerbsvorteile, sei es durch die Überwindung von Markteintrittsbarrieren, die Erschließung neuer Absatzmärkte, die Nutzung von Kostenvorteilen oder durch das Erzielen länderspezifischen Know-hows. So kann beim Eingehen einer internationalen Allianz sowohl auf die Ressourcen und das Marktwissen des Partners zurückgegriffen als auch dessen lokales Netzwerk genutzt werden. Die Vertragsgestaltung zur Gründung einer strategischen Allianz sollte flexible Regelungen beinhalten und Sperrklauseln nur auf wenige, sehr wichtige Bereiche beschränken, um so eine schnelle Anpassung an die dynamischen Unternehmensumwelten zu ermöglichen. Im internationalen Umfeld ist eine gemeinsame organisatorische Identität der kooperierenden Unternehmen meist schwierig zu erreichen, sodass es sich empfiehlt, jene Führungspositionen, die mit dem Management der strategischen Allianz betraut sind, mit international erfahrenem Personal zu besetzen.
Die Leitungsstruktur einer internationalen Allianz kann grob in zwei Hauptstrukturen unterteilt werden. Gerade in Entwicklungsländern finden sich Dominant-Parent-Allianzen, die sich durch die deutliche Dominanz eines Partners auszeichnen. So würde z.B. ein großes deutsches Unternehmen mit einem kleineren lateinamerikanischen Partner kooperieren und durch die eindeutige Hierarchie von einer schnelleren und effizienteren Entscheidungsfindung profitieren. Bei der Shared-Management-Allianz bringen sich die kooperierenden Unternehmen gleichgewichtig in das Management der gemeinsamen Allianz ein. Der freie Zugang zu den Kernkompetenzen des Partners stellt den Haupterfolgsfaktor einer solchen Allianz dar. Negativ zu beurteilen sind die geringe Flexibilität sowie der hohe Zeitaufwand, der aus der gemeinsamen Koordination resultiert.
Ein Beispiel aktueller Allianzen deutscher Unternehmen mit lateinamerikanischen Partnern lässt sich aktuell in der Presse verfolgen. So vereinbarte die Deutsche Lufthansa AG im Februar diesen Jahres mit TAM Linhas Aéreas aus Brasilien eine Kooperation bzgl. der Flugmeilen ihrer Kunden und auch mit der zentralamerikanischen Fluggesellschaft Grupo TACA laufen Gespräche über eine mögliche Zusammenarbeit. Dem Vorstand nach setze Lufthansa nun statt auf neue Direktverbindungen vermehrt auf Kooperationen mit regionalen Fluggesellschaften.
iv. E-Business
„Unter E-Business versteht man jede Art von geschäftlicher Transaktion, bei der die Beteiligten auf elektronischem Wege miteinander verkehren.“ Dabei geht es um eine komplette Neuausrichtung bisheriger Geschäftsmodelle in Richtung internationaler, dynamischer Werteketten, sodass durch die Nutzung moderner IT-Technologien die Wettbewerbsfähigkeit gesteigert werden kann. E-Business soll nicht nur auf einzelne Projekte bezogen eingesetzt werden, sondern vielmehr die Gesamtheit der Geschäftsprozesse integrieren. Konkret beschäftigt sich E-Business u.a. mit elektronischen Marktplätzen, Internetplattformen sowie internetgestützten Auktionen, die einem Unternehmen dabei helfen, seine Produkte und Dienstleistungen online international verkaufen zu können. Eine internetbasierte Kooperation reduziert Transaktionskosten, schafft Markttransparenz und intensiviert den Wettbewerb. E-Business ermöglicht ein leichteres Zusammenstellen komplexer Aufträge sowie sichere Transaktionen durch Verschlüsselung. Rechnungsstellung und Zahlung erfolgen online. Im internationalen Geschäft lassen E-Business-Strategien Unternehmen orts- und zeitunabhängig zusammenarbeiten und bieten die Möglichkeit, Daten gemeinsam zu nutzen. Die Geschäftsprozesse werden durch eine medienbruchfreie Bearbeitung effizienter. Allerdings resultiert aus der anspruchsvollen Abstimmung der Geschäftsprozesse auch ein nicht zu unterschätzender Aufwand. Sollte E-Business als internationale Kooperationsstrategie gewählt werden, so ist vor allem Transparenz für eine effiziente duale Marktbearbeitung von Nöten. Gerade in kooperativen Portalen hat ein Unternehmen neben einer erfolgreichen Integration auch eine wettbewerbspositionierende Differenzierung zu verfolgen. Denkbar möglich ist auch der Aufbau eines umfassenden Kooperationsnetzwerkes, aus dem fallspezifisch einige wenige Anbieter für das Einzelprojekt zusammengeführt werden. Man würde dann von einem virtuellen Unternehmen sprechen, das auf Grundlage eines auf I+K-Technologien basierenden Netzwerkes für die Abwicklung eines ganz bestimmten Kundenauftrages genutzt und dann wieder aufgelöst wird. Für die Gestaltung kooperativer Geschäftsprozesse auf Grundlage von E-Business-Technologien kann zwischen drei Hauptmodellen unterschieden werden. Das Prozessmodell setzt eine langfristige Kooperation voraus, bei der die Kooperationspartner ihre Prozesse zwar offen legen, aber mit getrennten Informationsbasen arbeiten. Das Kollaborationsmodell realisiert die Integration der Back-Office-Systeme, interne Informationen können ausgetauscht und Medienbrüche vermieden werden. Im Autarkiemodell haben die Unternehmen keinen Zugriff auf die Daten des Kooperationspartners, ein sog. Broker koordiniert die Zusammenarbeit.
IV. Fazit
Die Globalisierung hat die Wettbewerbssituation deutscher Unternehmen drastisch gewandelt. Die gegebene Marktdynamik zwingt Unternehmensführungen ihr internationales Engagement zu überdenken. Die Wahl der richtigen Internationalisierungsstrategie ist erfolgsentscheidend...
Die vorlegende Arbeit sollte einen groben Überblick über die möglichen internationalen Vertriebsstrukturen geben und deren Vor- und Nachteile kurz charakterisieren. Als Erkenntnis bleibt, dass mit der gegebenen Vielfalt an möglichen Internationalisierungskonzepten kein Unternehmen optionslos ist.
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Analyse des Unternehmensumfeldes nach politischen, ökonomischen, gesellschaftlichen und technologischen Faktoren
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Vgl. Holtbrügge (2005), S.1191
Vgl. Holtbrügge (2005), S.1191 – 1192
Vgl. Hoffmann (2000), S.13 – 21
Vgl. Hoffmann (2000), S.121 – 127
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