- An einigen Stellen hätten die Übergänge zwischen den einzelnen Abschnitten von der Autorin mehr dazu genutzt werden sollen, dem Leser zu erläutern, welche Themen im darauf folgenden Abschnitt angesprochen werden und welche Zusammenhänge zwischen den Themen bestehen. Dies hätte den Lesefluss erleichtert und würde verdeutlichen, warum die Autorin die Inhalte einzelner Abschnitte an den jeweiligen Stellen anbringt. So beschäftigt sich Kapitel 3 gemäß dessen Titel mit der Praxis der EU-Beihilfenkontrolle. Abschnitt 3.2. widmet sich jedoch ausschließlich der Gewährung horizontaler Beihilfen in den einzelnen Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Die Autorin macht in diesem Abschnitt nicht ganz deutlich, inwiefern sich in der Gewährung horizontaler Beihilfen die Praxis der EU-Beihilfenkontrolle widerspiegelt.
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Noch bevor der Beihilfenbegriff in Kapitel 2 vollständig definiert wird, benennt die Autorin die Tatbestände, die zu einer Untersagung der Beihilfengewährung führen. Im Sinne der Übersicht wäre es an dieser Stelle vorteilhaft gewesen, Beihilfen anhand wesentlicher Kriterien zu definieren, um im Anschluss darauf einzugehen, welche Untersagungskriterien in Art. 87 Abs. 1 EG aufgeführt sind. So stellen Beihilfen eine Gewährung finanzieller Vorteile an Unternehmen dar, gleich welcher Art diese Vorteile sind. Des Weiteren müssen die Vorteile ein diskriminierendes Element enthalten, d.h. sie müssen einem bestimmtem Unternehmen, einer Branche oder Region zugute kommen und schließlich aus öffentlichen Mitteln stammen, ohne dass dafür eine adäquate Gegenleistung seitens des Unternehmens erbracht wird. Wenn diese Kriterien erfüllt sind, ist von einer Beihilfe auszugehen (Noll, 2002, S. 17-18).
Inhalt
Abschließend werden an dieser Stelle inhaltliche Aspekte der Arbeit kommentiert und auf ihre Vollständigkeit überprüft.
- Die Autorin liefert inhaltlich einen sehr umfassenden Einblick in die zu bearbeitende Thematik. Es findet sowohl eine ausführliche Definition der erforderlichen Begrifflichkeiten statt, als auch eine Benennung rechtlicher Grundlagen und Ausnahmetatbestände der Art. 87 Abs. 2 und 3 EG. Positiv hervorzuheben ist, dass die Autorin im Laufe der Arbeit auf Praxisbeispiele zurückgreift, die dem Leser die Thematik erheblich veranschaulichen. Als Praxisbeispiele angemerkt sind hier die Fälle „VW-Sachsen“, „Real Madrid“ sowie die Beihilfenverwendung bei der „Bremer Vulkan Verbund AG“. Damit findet die Autorin einen guten Kompromiss einerseits rechtliche Aspekte exakt zu definieren und andererseits die praktische Anwendung der EU-Beihilfenkontrolle in der Fallpraxis zu berücksichtigen.
- Mit der Darstellung der Freistellungsverordnung und der de-minimis-Regelung beschreibt die Autorin die Vereinfachungen der Praxis der EU-Beihilfenkontrolle und geht damit explizit auf die Erfordernisse einer angestiegenen Arbeitslast der EU-Kommission ein. Innerhalb dieses Kapitels hätte allerdings die sich im Zuge der Ost-Erweiterung der Europäischen Union zum 01.05.2004 ergebende Übergangspraxis der Beihilfengewährung und -kontrolle in den neuen Mitgliedstaaten in die Arbeit implementiert werden können, um anhand dieses aktuellen Themenbezugs die Praxis der Europäischen Beihilfenkontrolle noch weiter zu verdeutlichen.
Mit dem Beitritt der neuen Mitgliedstaaten wurde die materielle Entscheidungskompetenz über die Beihilfen von den jeweiligen nationalen Behörden auf die Europäische Kommission übertragen. Für die vorliegende Arbeit wären diesbezüglich die von der Europäischen Beihilfenkontrolle angewandten Übergangsregelungen für die Integration der Beitrittsländer interessant gewesen. Es sei das vereinbarte Übergangsverfahren angemerkt, dass eine kontinuierliche Förderpraxis in den Beitrittsländern gewährleisten soll. Demnach sind Beihilfen, die vor dem Beitrittstermin eingeführt wurden, unter bestimmten Voraussetzungen auch nach dem Beitritt anwendbar. So herrschen verschiedene Bedingungen, die erforderlich sind, um eine Beihilfe auch nach dem Beitritt fortzuführen. Es ist beispielsweise Voraussetzung, dass die Beihilfe vor dem Beitritt tatsächlich eingeführt ist, das heißt, dass sie rechtlich in Kraft getreten und praktisch angewendet worden ist. Den Beihilfeempfängern ist weiterhin ein eingeschränkter Bestandsschutz gewährt, da für die Beihilfen aus der Vergangenheit eine Rückforderung ausgeschlossen wurde. Im Hinblick auf die Fortführung von Beihilfen kann die Europäische Kommission allerdings Maßnahmen ergreifen, die gemäß Art. 88 Abs. 2 EG eine Anpassung der Fortführung der Beihilfengewährung an geltendes Recht innerhalb einer Frist vollziehen (Schütterle, 2004, S. 486).
An dieser Stelle hätte die Darstellung der Praxis der EU-Beihilfenkontrolle einer weiteren vertiefenden Betrachtung unterzogen werden können. Allerdings hat die Autorin im Rahmen des Vortrags zum Seminar „Europäische Wettbewerbspolitik“ am 21.01.2005 diese Thematik dargelegt. Daher ist davon auszugehen, dass die Autorin diesen Sachverhalt nachträglich in ihre Arbeit implementiert hat.
- In Kapitel 5 beschreibt die Autorin die Schritte, die von der Europäischen Kommission zur Modernisierung der Beihilfenkontrolle eingeleitet wurden. Es werden die einzelnen Reformschritte der Beihilfenkontrolle dargelegt, so auch die Änderungen der multisektoralen Regionalbeihilferahmen für große Investitionsvorhaben aus dem Oktober 2002.
Als ein weiteres Änderungsvorhaben benennt die Autorin Beihilferegelungen zur Rettung und Umstrukturierung von defizitären Unternehmen. Dabei wird jedoch nicht berücksichtigt, dass die Europäische Kommission bereits zum 10.10.2004 neue Leitlinien veröffentlicht hat, die die Vorgehensweise der Kommission bei der Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten darlegen, womit diesbezügliche Leitlinien aus dem Jahr 1999 ersetzt wurden.
In den Leitlinien von 1999 wurde die Höhe des Eigenbeitrags eines Unternehmens zur Umstrukturierung nicht festgelegt. Die neuen Leitlinien zielen darauf ab, dass bei Umstrukturierungen von dem begünstigten Unternehmen ein großer Teil der anfallenden Kosten selber zu tragen sind. Das begünstigte Unternehmen hat in den neuen Leitlinien einen Mindestprozentsatz der Umstrukturierungskosten aus eigenen Mitteln aufzubringen. Bei Großunternehmen sind 50 v.H. der Umstrukturierungskosten aus Eigenmitteln zu finanzieren, bei Unternehmen mittlerer Größe, deren Tätigkeiten nicht den Wettbewerb in der Union verfälschen, beträgt der Mindestprozentsatz
40 v.H., während für Kleinunternehmen ein Schwellenwert von 25 v.H. angegeben wurde.
Diese Leitlinien stellen damit ein sehr wichtiges Instrument der Beihilfenpolitik dar, da sie für die betroffenen Unternehmen sowie die Öffentlichkeit die Entscheidungen der Europäischen Kommission in den Einzelfällen absehbarer machen. Weiterhin wird mit den neuen Leitlinien ein einheitlicher Zeitraum eingeführt, innerhalb dessen keine neuen Beihilfen jeglicher Form gewährt werden dürfen, wenn ein Unternehmen Umstrukturierungsbeihilfen erhalten hat. Dieser Zeitraum beträgt zehn Jahre (Europäische Union, 2004).
Aufgrund der Aktualität der Veröffentlichung dieser Leitlinien hätte die Autorin diese inhaltlich einbeziehen können, da sie auch einen Teil der Modernisierung der EU-Beihilfenkontrolle bilden.
Insgesamt bleibt festzuhalten, dass die Autorin die sehr komplexe Problematik inhaltlich in dem erforderlichen Maße erfasst. Das Thema wird interessant aufgearbeitet und es ist eine gute inhaltliche Struktur erkennbar. Die Autorin hätte lediglich an den aufgeführten Stellen noch verstärkt auf die Aktualität einiger Entscheidungen eingehen können.
Literatur
Im Folgenden wird kurz der Umfang der von der Autorin verwendeten Literatur kommentiert.
Die Autorin nutzt zur Bearbeitung des Themas eine ausreichende Zahl von Quellen, wobei es besonders hervorzuheben ist, das viele der verwendeten Texte direkte Veröffentlichungen der Europäischen Kommission sind. Aufgrund der sich eines ständigen Wandels unterliegenden Rechtslage ist hier die durchgeführte Verwendung von Zeitschriften und Internetquellen positiv zu beurteilen. Lediglich bezüglich der zuvor dargestellten inhaltlichen Ergänzungen hätte die Autorin auf noch aktuelleres Material zurückgreifen können.