Die Feindschaft dieser beiden Gegenspieler spitzt sich zum Ende des ersten Aktes noch mehr zu. Romeo wird von Mercutio, einem seiner besten Freunde, dazu überredet, gemeinsam mit anderen Familienmitgliedern der Montagues auf ein Fest des verfeindeten Hauses zu gehen. Es handelt sich um einen Maskenball und somit gelingt es den Gefolgsleuten der Montagues zunächst verkleidet auf diesen zu gelangen. Jedoch wird Romeo von Tybalt entdeckt und jener langt sofort zum Schwert, da er alle Montagues verabscheut. Allerdings greift Capulet rechtzeitig ein und weist Tybalt zurecht. Tybalt legt sehr großen Wert auf Familie und fühlt sich in seiner Ehre verraten. Zugleich wächst sein Hass auf Romeo.
Im weiteren Verlauf der Feier erblickt Romeo Julia zum ersten Mal und die Liebe der beiden entbrennt. Neben der Bloßstellung durch Capulet muss Tybalt nun noch erkennen, dass seine eigene Cousine sich in seinen größten Feind verliebt.
Tybalt sieht in der Gewalt die einzige Lösung des Konfliktes und verkündet die Nachricht, dass er gegen Romeo kämpfen wird. Freunde übermitteln Romeo die Botschaft von Tybalts Herausforderung. Romeo ist jedoch sehr beschäftigt mit der Planung seiner Hochzeit und ihm wäre es somit lieber, wenn sich beide Familien vertragen könnten und der Streit geschlichtet würde.
Wenige Tage später begegnen sich Mercutio und Tybalt, der sofort ein Streitgespräch anfängt. Dieses eskaliert und sie fangen an zu fechten. Romeo kommt hinzu und versucht zu schlichten, getragen von dem Gedanken, dass Tybalt trotz allen Hasses der Cousin seiner Geliebten ist. Dennoch wird Mercutio von Tybalt tödlich getroffen. Alle guten Absichten vergessend, attackiert Romeo Tybalt und tötet diesen in einer Affekthandlung. Daraufhin flieht Romeo und wird vom Prinzen aus Verona verbannt.
Der Tod ihres Cousins ändert nichts an Julias Gefühlen für Romeo. Der gemeinsam gewählte Freitod der beiden überschattet die Annäherung der Familien zum Ende des Dramas.
William Golding verfasste im Jahre 1954 den Roman „Der Herr der Fliegen“.
Die Handlung beginnt mit einem Flugzeugabsturz über dem Pazifischen Ozean. Es stellt sich frühzeitig heraus, dass alle Überlebenden Schuljungen im Alter von 6 bis 12 Jahren sind. In einer ersten Versammlung, bei der sich alle, die sich auf dieser einsamen Insel befinden, zusammengefunden haben, wird Ralph, ein 12-jähriger Junge mit Manieren und gutem Verständnis für die Situation, von der Mehrheit zum Anführer gewählt.
Schon sehr früh stellt sich heraus, dass Ralphs größte Konkurrenz Jack Merridew sein wird. Ein Junge mit hässlichem Gesicht, roten Haaren und Leiter der Chorgruppe. Dieser wird von Ralph dazu eingeteilt Leiter der „Jäger“ zu sein.
Zunächst bildet sich die Mehrheit der Jungen ein, dass alles nur ein romantisches Abenteuer sei, denn Früchte, Trinkwasser und auch wilde Schweine, die von Jack und seinen „Jägern“, ehemaligen Chormitgliedern, gefangen werden können, sind zu Genüge vorhanden.
Jedoch tauchen schon frühzeitig Probleme auf, weil die Jüngsten auf der Insel zu nichts zu gebrauchen sind, da sie verspielt und unbändig nur tun, was ihnen gefällt. Voller Überlebensmut wird ein Feuer auf der Spitze des Berges der Insel entfacht, sodass vorbeifahrende Schiffe eventuell von den Verschollenen Notiz nehmen und zur Rettung kommen könnten. Während aufgestellte Regeln immer weniger beachtet werden, kommt es zum ersten größeren Konflikt zwischen Ralph und Jack. Jack überredet die „Hüter des Feuers“ zum Jagen, sodass das Feuer unbeachtet bleibt. Als Ralph in der Ferne ein Schiff bemerkt, ist das Feuer schon erloschen und die Hoffnung auf baldige Rettung sinkt.
Als Ralph daraufhin Jack in einer Versammlung demütigend bloßstellt, indem er ihn für das fehlende Feuer verantwortlich macht, verlässt dieser die Gruppe. Er gründet und führt seinen eigenen Stamm von „Jägern“, welcher zunächst ausschließlich aus Chormitgliedern besteht. Jedoch treten immer mehr von Ralphs Gruppe über zu Jack, da ihnen diese Gesellschaft attraktiver erscheint.
„Alle mal herhören! Ich und meine Jäger, wir sind dahinten am Strand bei einem flachen Felsen. Wir jagen, haben zu essen und spielen. Wenn ihr in meinen Stamm eintreten wollt, dann kommt mal rüber. Vielleicht laß ich euch mitmachen.“
Im Laufe der Zeit „verwandelt“ sich das Leben von Jacks Stamm immer mehr in das von Wilden. Das erscheint Ralph verabscheuenswert, da dieser immer noch großen Wert auf zivilisiertes Benehmen legt. Jedoch bleiben alle Versuche von Ralphs Seite Ordnung zu schaffen erfolglos. Im Gegenteil, Spannungen arten aus, weil beide sehr verschiedene Ansichten über den Umgang mit Konflikten in der Wildnis haben.
Jack, der nun in einer Position der Macht ist, scheut sich nun auch nicht mehr, Mitglieder von Ralphs Gruppe zu attackieren, sodass im Laufe des Konflikts Simon und Piggy, Ralphs treueste Anhänger, sogar getötet werden.
Bald ist Ralph ganz auf sich allein gestellt und somit eröffnet Jack eine „Menschenjagd“, bei der er die ganze Insel in Feuer steckt. Kurz bevor Ralph diesem Angriff zum Opfer fällt, wird er doch noch von einem Marineoffizier gerettet.
William Shakespeares „Romeo und Julia“ und William Goldings „Der Herr der Fliegen“ weisen, neben dem unterschiedlichen literarischen Genre und dem Zeitabschnitt in dem sie geschrieben wurden, einige essentielle Ungleichheiten beider Konflikte auf. Jedoch können auch einige Gemeinsamkeiten erkannt werden.
Es handelt sich in beiden Werken um jugendliche, männliche Antagonisten, die in einen Konflikt miteinander geraten. Jedoch haben diese Gegnerschaften verschiedene Ursachen. In Shakespeares Stück sind die Voraussetzungen für den Streit schon gegeben. Zwei „Machthäuser“ sind im Streit und somit bekämpfen sich auch die jüngeren Familienmitglieder, die nicht der Konvention entfliehen können.
Zwei Häuser in Verona, würdevoll,
Wohin als Szene unser Spiel Euch bannt,
Erwecken neuen Streit aus altem Groll,
Und Bürgerblut befleckt die Bürgerhand.
Aus beider Feinde unheilvollem Schoß
Entspringt ein Liebespaar, unstern bedroht,
Und es begräbt - ein jämmerliches Los -
Der Väter langgehegten Streit ihr Tod.
Somit sind beide Akteure von Anfang in einem Kampf um Ehre, welcher sich im Laufe des Schauspiels dramatisch zuspitzt.
In Goldings Roman hingegen handelt es sich um einen Konflikt, der auf einem Streit um die Führungsposition auf der Insel basiert. Die Feindschaft zwischen Ralph und Jack nimmt zu, da keiner von beiden sich unterordnen will. Beide streben nach Macht und dadurch spitzt sich die Situation dramatisch zu. Denn nachdem Jack mehr Stärke und Einfluss hat, handelt er skrupellos und scheut sich nicht davor, jegliche Widersacher zu töten.
In beiden Fällen nimmt die Gewalt im Laufe der Auseinandersetzung immer mehr zu, sodass es in Shakespeares Werk zu dem Totschlag Romeos im Affekt an Tybalt kommt. In Goldings Werk scheint es, als ob es nur eine Frage der Zeit sei, bis Jack seinen Erzrivalen Ralph ermordet, dieser kann jedoch knapp dem Tode entkommen.
Im Wissen um die so unterschiedlichen zeitlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen in den beiden Literaturklassikern kann man zu der Schlussfolgerung gelangen, dass das Austragen von Konflikten zwischen heranwachsenden Männern zwangsläufig zu Gewalt führen muss. Die Verhaltensmuster der Kontrahenten sind geprägt von ihrer Erziehung, einem künstlich hochgehaltenen Ehrbegriff und den sich daraus ergebenen Konsequenzen zur Krisenbewältigung. Es gehört sicher zum Heranwachsen dazu, dass man sich mit Gleichaltrigen messen will und seinen Platz in einer Gruppierung sucht. Die Mittel dafür können unterschiedlich sein. Wenn die stabile Umgebung in ihren Festen bedroht wird, sei es Romeos Familienehre, oder Ralphs Verständnis von Disziplin und Ordnung, scheint es zu einer Mischung aus Frustration, Aggression und Gewalt zu kommen. Diese Gefühlsexplosion wird in beiden Werken meisterhaft dargestellt und als logische Konsequenz bis zum Untergang geführt. Insofern könnte man beide Autoren so verstehen, dass es unter außergewöhnlichen Umständen wohl keine vernünftige Konfliktlösung gibt. Andererseits fordern sie uns dadurch auf, Konflikten rechtzeitig zu begegnen, bevor sie unkontrolliert zu eskalieren drohen.
Wortzahl: 1497
Golding, William: Herr der Fliegen. S. 103
William Shakespeare, „Romeo und Julia", Prolog, übersetzt von A.W. Schlegel