waere und er ihn von den ‘Schwarzen’ gerettet habe, da Andri doch Jude sei.
Die Schwarzen das sind feindliche Leute, vermutlich antisemitistische, welche drohen
Andorra zu ueberfallen.
Im Laufe der Geschichte stellt man fest, dass Andri gar kein Jude ist sondern der
wirkliche Sohn seines Vaters, dem Lehrer. Der Vater hatte nur nicht den Mut dafuer
gehabt zuzugeben, dass er ein uneheliches Kind gehabt hatte.
Der Lehrer versucht Andri die Wahrheit zu sagen schafft es aber nicht mehr.
Die Fabel des Stückes vollzieht sich in zwölf Bildern ganz unterschiedlicher Länge
und Struktur. Vor jedem Bild findet man einen Text unter der Ueberschrift
Vordergrund vor. In diesem Text macht jeder Andorraner ein Gestaendis ueber die
Schuld an Andri’s Tod. Die Ueberschrift Vordergrund jedoch bezieht sich auf die
physikalische Buehnendarstellung.
Im Verlaufe der ersten sechs Bilder versucht Andri eine Lebensgrundlage zu schaffen,
indem er eine Tischlerlehre abschliesst, um dann Barblin heiraten zu koennen. Barblin
ist die Tochter des Leherer’s und somit auch die Andris Schwester.
Die Andorraner als auch sein Vater verhindern jedoch dieseTräume.
Der Tischlermeister will ihm keine Lehre anbieten, da er annimmt dass Andri Jude ist
und somit nur mit Geld umgehen koenne.
Desshalb verlangt der Tischlermeister einen viel zu hohen Preis fuer die Lehre.
Es ist eines der vielen Motive von den Andorranern: Juden sind geldgierig,
obwohl es in diesem Bild eigentlich der Tischler ist.
Der Lehrer zahlt aber diese große Summe, und der Tischler muss Andri akzeptieren.
Der Tischler jedoch zwingt Andri ins Büro zu gehen, und dort mit Geld zu arbeiten.
„Das ist's, was deinesgleichen im Blut hat ... du kannst Geld verdienen“(35).
Das ist das erste von den vielen Beispielen von Stereotypen, Vorurteilen,
Abweisung und Diskriminierung im Stück. Im allgemeinen glauben die Andorraner,
Juden seien geizig, feig, unpopulär; haben keine Gefühle; und wollen nur mit Geld
arbeiten.
Der Doktor sagt zum Beispiel „Ich kenne den Jud … das Schlimme am Jud ist sein
Ehrgeiz“. Man sieht aber, er ist nur neidisch, weil er selbst wenig Erfolg gehabt hat
(Viertes Bild).
Sie machen Andri zum Außenseiter und dann schieben sie ihm die Schuld für sein
Anders sein zu.
Wegen dieser Diskriminierungen fängt Andri allmählich an, an sich zu zweifeln.
Zunächst fragt Andri den Lehrer, ob er Barblin heiraten darf. Der Lehrer ist total
überrascht und kann der Verlobung nicht zustimmen. Andri glaubt, dass sogar sein
„adoptierter“ Vater wie alle anderen sei, und meint, er sei wegen seines Judentums
nicht gut genug für seine Tochter. Jetzt wird Andri von den meisten Andorranern
oeffentlich verfolgt, und leidet unter der ihm aufgezwungenen Identität.
Er wird ernster, verunsichert, mißtrauisch, nachdenklich und verbittert und will
Andorra verlassen; und nimmt allmählich Eigenschaften an, die man Juden nachsagt:
Zum Beispiel, er spart Geld, zählt Münzen und reibt seine Hände. Es ist sehr wichtig
aber, zu verstehen, dass er diese Eigenschaften nur entwickelt hat, weil er verfolgt
wird.
Endlich entscheidet der Lehrer, die Wahrheit zu sagen, aber er ist noch zu feig es
selbst Andri zu mitzuteilen.
Er bittet desshalb den Pater, mit Andri zu sprechen, der versucht, Andri zu erlösen,
aber es ist jetzt zu spät.
Andri fühlt sich jetzt als Jude, da er wegen der ständigen Spötteleien der
Andorraner sich selbst beobachtet hat, um herauszufinden, ob er diese sogenannten
jüdischen Eigenschaften hat - und obwohl er es nicht wahrhaben will, ist ihm jetzt
vollkommen klar, dass er anders ist. Sein Selbstbewußtsein ist zerstört worden.
Bis jetzt hatten alle Angst, dass “die Schwarzen” angreifen, und sagten, dass Andorra
nicht überfallen wird, weil es ein Land des Friedens und der Menschenrechte sei.
Trotzdem überfallen die Schwarzen sie, und alle kapitulieren ganz einfach, indem sie
sich entwaffnen lassen, und nicht kämpfen. Die Soldaten suchen Andri, und er wird
gefesselt und abgeführt: zum Schluß findet eine spektakuläre Judenschau statt.
Alle Andorraner müssen sich mit schwarzen Tüchern über ihre Köpfe vermummen
und am Judenschauer vorbeigehen. Nur Barblin hat den Mut, sich für Andri
einzusetzen und Widerstand zu leisten. Die anderen denken aber nur an sich und
wollen sich retten. Andri wird als Jude „identifiziert“. „Man hört nur einen Schrei“
(Zwölftes Bild), und man muss annehmen, dass Andri ermordert wird. Seine Schuhe
stehen als Symbol während dem Rest des Stückes noch an der Bühne.
Am Ende finden wir heraus, dass der Lehrer Selbstmord begangen hat, weil er glaubt,
schuldig zu sein. Barblin wird verrueckt. Wie am Anfang des Stückes streicht sie die
Waende, damit Andorra wieder „schneeweiß“ werden kann; da weiß die Farbe der
Unschuldigkeit ist.
Die Symbolik in dem Kontext Andorra wirkt fast nie kuenstlich oder hoechstens nur
harmlos dekorativ, sondern ist ueberall wie selbstverstaendlich da.
In der Symbolik der Verachtung und der Verhoehnung zeigt das folgende Beispiel
eine gute Darstellung.
Dies ist die Szene mit dem Wirt und Andri in der Werkstatt.
Der Wirt will Andri’s Arbeit testen in dem er einen seiner angefertigten Stuehle
nimmt und versucht ein Bein von diesem auzureissen. Jedoch nimmt der Wirt trotz
Andris Einwand mit Absicht den falschen Stuhl und reisst ein Bein aus “ der Tischler
wirft ihm die Truemmer vor die Fuesse”(34).
Damit rechtfertigt der Wirt seine Ansicht, dass Juden kein Handwerk erlernen
koennen.
Eine weitere Darstellung der Verachtung und der Verhoehnung ist die Szene der
Judenschauer. Hier werden die Andorraner ‘wie eine Herde in die Pferche’
zusammengetrieben, muessen sich vermummen die Schuhe ausziehen (115), und
ueber ein knapp ueber dem Boden gespanntes Seil steigen um sich von dem kalt-
routinierten Judenschauer mustern zu lassen. Bei dieser Veranstaltung muss der
Leser ueber die Unbegreiflichkeit des Spektakels lachen.
Nun zur Symbolik der Gewalt. Hevorzuheben sind Kinnhaken und
Fusstritte als Gebaerden hoehnerischer Brutalitaet: “der Soldat schlaegt Andri einen
Haken so dass Andri stuerzt” . Noch brutaler in der Pruegelszene des achten Bildes:
‘Die vier Soldaten versetzen ihm Fusstritte von allen Seiten ‘(77; vgl. 79 und 90).
Hier wird Gewalt gegen Andri dem Juden ausgeuebt, weil mit ihm kann mans ja
machen.
Als Gegensatz zur Gewalt nun zur Liebe.
Barblin’s Liebe zeigt sich in ganz einfachen Gebaerden: ‘Barblin legt sich wieder auf
sein Knie’ (26,27) sie ‘kuesst ihn’. Barblin zeigt ihre Liebe frei und natuerlich.
Von der Senora bekommt Andri seine verspaetete Mutterliebe ‘Senora tritt zu Andri
und kuesst ihn’ (85), ‘sie kniet neben ihn’ (78).
Das weisse Andorra ist das Symbol der Unschuld. An einem heiligem Tag
streichen alle Andorraner ihre Haeuser weiss, damit versuchen sie die Wahrheit zu
verbergen.
Der Platzregen dagegen steht fuer die Enthuellung.
“Wenn bloss kein Platzregen kommt ueber Nacht, naemlich seine Kirche ist nicht so
weiss, wie sie tut, das hat sich herausgestellt, naemlich seine Kirche ist auch aus Erde
gemacht”(9).
Damit wird der Pfarrer beschuldigt, dass auch er kein besserer Mensch ist als die
anderen Andorraner. Im spaeteren Teil des Buches wird auch klar das der Pfarrer
genau die selben Vorurteile gegen Andri hat wie all die anderen.
Barblin streicht das Haus ihres Vaters zum Anfang und zum Ende des Stueckes.
Am Ende des Stueckes streicht Barblin als ein Versuch den Mord zu suehnen, den
die anderen nicht sehen wollen. Fuer sie ist das Streichen ein symbolisches Tun,
jedoch fuer die Anderen hat es keine weitere Bedeutung.
Ferner findet man im Stueck die Reden von einem Pfahl und einem Stein.
Der Pfahl symbolisiert die Vorurteile gegen Juden und der Stein ist die Mordwaffe
mit der die Senora getoetet wird. Der Stein war unmittelbar sinnlich gegeben und
wahrnehmbar, der Pfahl dagegen ist nur sprachlich gegeben, aber deshalb nicht
weniger wirklich als der Stein. Der Lehrer spricht von dem Pfahl den jemand
aufgestellt hat jedoch niemand sehen kann. Allerdings spricht der Wirt
selbstverstaendlich von dem Pfahl “ Hab ich ihn vielleicht an den Pfahl gebracht ?”
Das Thema Andorra’s sind Bildnisse und Vorurteile. Wie bei den 10 Geboten, heisst
eines davon “Du sollst dir kein Bildniss machen”. Dies trifft hier zu. Dem Juden wird
dass Bildniss angehaengt von all den schlechten Merkmalen eines Menschen.
Die Andorraner schreiben sich und Andri Eigenschaften zu die mit der Wirklichkeit
nicht uebereinstimmen. Als besonders auffaellig ist festzuhalten : Viele der
Eigenschaften die sich die Andorraner zusprechen, hat gerade Andri, welche sie ihm
jedoch absprechen.
So halten sich die Andorraner fuer tapfer und Andri fuer feig; sie aber versagen
waehrend Andri sich bewaehrt.
Dass gerade der erfolglose Doktor die Eigenschaft Ehrgeiz, der feige Soldat die
Eigenschaft Feigheit, und der geschaeftstuechtige Tischler die Eigenschaft Geldgier
vorgeben zeigt, dass die Andorraner sich selbst beluegen, und nicht Andri sondern
sie selbst diese Eingenschaften besitzen.