Studiengang M.A. Management

Lehrveranstaltung: Human Resource Management und Führungskompetenz

Sommersemester 2012

Talent Management –

theoretische Grundlagen und praktische Umsetzung

Fachhochschule Mainz

University of Applied Sciences

Fachbereich Wirtschaft

Vorgelegt von:        Nataliya Dubovyk                Matrikelnr.: 900986

Alexey Kaminskiy                Matrikelnr.: 906971

Vorgelegt bei:         Prof. Dr. Rüdiger Nagel

Eingereicht am:        13.07.2012


Inhaltsverzeichnis


  1. Einleitung
  1. Problemstellung

In Deutschland, wie in anderen fortgeschrittenen Gesellschaften, zeigt sich seit Jahrzehnten eine Verlagerung der Wirtschaftsaktivitäten vom sekundären in den tertiären Bereich, was zur Folge hat, dass in den Unternehmen immer weniger Personal in Bereichen der einfachen Handarbeit beschäftigt werden, sondern intellektuell herausfordernde Aufgaben bewältigt werden müssen. Tätigkeiten mit einem geringeren Qualifikationsbedarf werden in Schwellen- und Entwicklungsländer ausgelagert oder, wo möglich, durch Automation ersetzt. Schätzungen gehen davon aus, dass mittlerweile 50% der Wertschöpfung eines Produkts auf intellektuelle Inputs zurückzuführen sind (z.B. F&E, Design und begleitende Services).[1] Ein weiterer Makrotrend, der dem Anschein nach bereits länger bekannt ist und intensiv diskutiert wird, ist die demografische Entwicklung. Insbesondere solche Faktoren wie Geburtenrückgang, gestiegene Lebenserwartung und unzureichendes Ausbildungssystem führen tendenziell zu einem Problem des akuten Fachkräftemangels in meisten Industriestaaten.[2] Zudem haben die Unternehmen durch die Globalisierung der Wirtschaft und Entstehung von transparenten Arbeitsmärkten (E-Recruiting) zunehmend mit Wissensmigration (Brain Drain) zu kämpfen.[3] Entsprechend den aktuellen Entwicklungen und Trends werden Talente knapp und es entfacht auf dem Arbeitsmarkt der so genannte „War for Talent“, der sich nicht nur auf lokaler, sondern auch auf globaler Ebene in den letzten Jahren besonders zugespitzt hat.[4]

Die Märkte unterliegen also einem Wandel, der zurzeit in wirtschaftlichen, sozialkulturellen, demographischen und rasant fortschreitenden technologischen Trends erkennbar ist. Die traditionellen Paradigmen in der Manager-Welt, fokussiert auf Produktivität und Effizienz, verlieren zunehmend an Relevanz. Es liegt eine Tendenz mit globalem Ausmaß vor, dass die Unternehmen sich verstärkt durch das Wissen ihrer Mitarbeiter differenzieren.[5] Demzufolge ist es für die Unternehmen von enormer Wichtigkeit, sich nicht nur auf den Sieg des Kampfes um Talente zu fokussieren und talentiertes und hochqualifiziertes Personal zu gewinnen, sondern langfristig eine „talentangetriebene“ Organisation zu etablieren, um eine nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit zu erreichen.[6] Im globalen Wettbewerb kann nur bestehen, wer das Potenzial der Mitarbeiter langfristig und strategisch nutzt und ausbaut.[7]

  1. Ziele und Aufbau der Arbeit

Ziel dieses Beitrags ist die Vorstellung des Konzeptes Talent Management (folgend auch TM) sowie Präsentation aktueller Praxislösungen zur Umsetzung ausgewählter Prozesse des Talent Managements. Aus den beschriebenen Zielen der Arbeit leitet sich der weitere Aufbau dieses Beitrags ab. Der Hauptteil der Arbeit beginnt zunächst mit näherer Bestimmung des Begriffs Talent und der Definition und Bestimmung von Funktionsmerkmalen des Talent Management Konzepts in Kapitel 2.1. In Kapitel 2.2 erfolgt dann die Erörterung der relevanten Teilprozesse innerhalb eines Talent Management-Systems sowie der aktuellen IT-Unterstützung in Talent Management. Abschnitt 3 widmet sich der detaillierten Vorstellung aktueller Praxisbeispiele aus dem Bereich Talent Management. Kapitel 4 schließt die Arbeit mit einem Fazit ab.

  1. Theoretische Grundlagen
  1. Definitionen
  1. Talent

In der Literatur findet sich eine Vielzahl an Definitionen für Talent. Unter Talent wird generell eine überdurchschnittliche Begabung verstanden, welche mit angeborenen Eigenschaften und Fähigkeiten in Zusammenhang gebracht wird.[8] Oft werden in der Praxis Begriffe wie Talent, Hochbegabter, High Potential, Hochleistungsträger, Top-Performer und A-Player synonym verwendet.[9] In der Tat weisen diese Begriffe auf die Qualität des Besitzes exklusiver Fähigkeiten hin. Im Personalwesen wird unter dem Terminus Talent gewöhnlich ein leistungs- und potenzialstarker Mitarbeiter verstanden.[10] Demzufolge nimmt die Bedeutung von Talent im unternehmerischen Sinne offenbar zwei Dimensionen an: eine Dimension der Hochbegabung und des Potenzials sowie die Dimension der tatsächlichen Leistung eines Mitarbeiters. Demzufolge macht nicht nur das Talent an sich Leistungsträger in einem Unternehmen aus. Ebenso ausschlaggebend sind Aspekte der im Leben erworbenen Kompetenzen (sprich Erfahrung), der Motivation an einer herausfordernden Tätigkeit und des Bedürfnisses sowie der Bereitschaft, eigene Kompetenzen weiterzuentwickeln.[11] Die Begabung impliziert also das Potenzial einer Person und das Niveau der persönlichen und fachlichen Entwicklung.[12]

Mögen die Hochbegabten überdurchschnittliche Potenzial und Fähigkeiten mit sich in die Organisationen bringen, weisen sie in Pendant ebenfalls Charakteristika auf, die sich nicht als förderlich für ein Unternehmen erweisen.[13] Ein in der Praxis oft überspitzt verbreiteter Talentbegriff schafft eine Zwei-Klassen-Gesellschaft im Unternehmen und im Denken aller aktuellen und potentiellen Mitarbeiter. Ein solcher Ansatz verhindert das Identifizieren und Nutzen aller Potenziale einer Belegschaft.[14] Nicht unbedeutend ist ebenfalls der Faktor des sozial kompetenten Umgangs mit den Kollegen und Vorgesetzten, wobei Hochbegabte oft arrogant wirken und durch ihre Unabhängigkeit die Autoritäten im Unternehmen zurückweisen. Hochbegabte neigen zu vielen anderen negativen Eigenschaften wie Unwille zur Anpassung, Entscheidungsschwäche, Angst vor (aus ihrer Sicht) Versagen in Ergebniserreichung, schnelle Demotivation bei unzureichend komplexen Aufgaben.[15]

  1. Talent Management Konzept

Nach einer Analyse diverser Definitionen aus der Literatur lässt sich eine aggregierte Begriffsbestimmung für Talent Management ableiten: „Talent Management bezeichnet jene Organisationskonzepte und -maßnahmen, die sich gezielt mit der Gewinnung, Erhaltung und Entwicklung von gegenwärtigen oder zukünftigen Mitarbeitenden auseinandersetzen, die aufgrund ihrer vergleichsweise knappen, stark nachgefragten und für die Organisation zentralen Schlüsselkompetenzen als Talente bezeichnet werden“.[16]  Das Konzept des Talent Managements hat sich aus einer Reaktion auf die Veränderungen in den globalen Märkten entwickelt, die zu einem schärfer werdenden Wettbewerb um talentierte und hochqualifizierte Mitarbeiter kontribuieren. Dabei konzentrieren sich die Aktivitäten des Talent Managements besonders auf die Schlüsselfunktionen im Unternehmen und nehmen somit eine strategische wettbewerbsrelevante Bedeutung an.[17] Um Funktionsmerkmale eines Talent Management Konzepts feststellen zu können, ist es zunächst wichtig, den genauen Aufbau des TM Systems zu definieren. Theoretische Definitionen über den Aufbau eines TM Systems lassen sich mittels einer Synopse gruppieren und analysieren. Anschließend lässt sich eine Interpretation der Funktionen im Rahmen der Talent Management Prozesse bestimmen. Einen Überblick über gängige Definitionen gibt die folgende Tabelle:

Darstellung 1: Synopse Aufbau eines Talent Management Systems[19]

Summarisch können die Teilprozesse in einem TM System folgendermaßen kategorisiert werden: Definition der Unternehmensstrategien, Talentdefinition (Zielgruppendefinition, Kompetenzanforderungen, workforce planning), Talentgewinnung (Arbeitgeberversprechen, Recruitment, Auswahl), Talentidentifizierung (aktive Talentsuche, Erprobung/Verifizierung), Einsatz und Entwicklung (Integration, Einstellung, On-boarding, learning and career development, Performance Management), Talentbindung (Retention, Kandidatenbindung, Compensation). Talent Management stellt also ein ganzheitliches strategisches Konzept dar, welches eine langfristige Sicherstellung der Besetzung kritischer Rollen und Funktionen in einem Unternehmen gewährleistet.

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  1. Abgrenzung zum „klassischen“ Personalmanagement

Nach der Analyse der Prozesse eines Talent Management Systems (erörtert in Kapitel 2.1.2) gilt es zu hinterfragen, ob hinter dem jeweiligen Ansatz ein Talent Management Verständnis steht oder traditionelle Personalprozesse wie Auswahl, Beurteilung und Entwicklung. Beide Konzepte, HRM und TM, sind dennoch nicht gleichzusetzen. Das Talent Management stellt nur einen Teilaspekt, eine Querschnittsaufgabe des Personalmanagements dar und agiert tiefgreifender als HRM.[20] Das Konzept des Talent Managements ist eher zielgruppenorientiert ausgerichtet und hat als Aufgabe, Talente bei einzelnen Mitarbeitern zu identifizieren und einen Nutzen für einen möglichen Einsatz in einer Schlüsselposition im Unternehmen zu evaluieren. Im Gegensatz ...

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