Max Weber definiert Politik stark über Macht und Herrschaft. Er sagt in seinem Werk Politik als Beruf, dass Politik „die Leitung oder Beeinflussung der Leitung eines politischen Verbandes, heute also: eines Staates“.[1] Also scheint für ihn Politik vor allem von den führenden Persönlichkeiten im Staate auszugehen. Ein weiterer Aspekt, den er seinem Politikbegriff zumisst ist der Machterhalt oder das Streben nach Macht. Diese Macht bedeutet für ihn „jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen durchzusetzen, gleichviel worauf diese Chance beruht“.[2] Man sieht, dass Max Weber egal welche Form von Herrschaft gemeint ist diese als Politik sieht, den der wichtigste Bestandteil der Politik ist Macht. Hier kommt es auch nicht darauf an, ob diese eine friedliche Herrschaft oder eine Tyrannei ist, wenn es eine Leitung eines Staates ist, ist es für ihn Politik.
Ganz anders möchte Dolf Sternberger Politik erklären. Er übt offen Kritik an Webers willkürlicher Nominaldefinition vom Politischen. Er sieht bei der Politik keineswegs die Macht und die Herrschaft im Vordergrund, für ihn ist Gegenstand von Politik Verhandlungen zu führen. So sagt er „Politisch ist dasjenige Handeln, das ein Verhandeln selbst darstellt oder jedenfalls ermöglicht“.[3] Bei Sternberger gibt es zwei Bedeutungskreise von Politik. Zum einen den Institutionellen, welcher darauf abzielt, dass durch Verhandlungen Verträge und Verfassungen entstehen, zum anderen gibt es die intentionale Bedeutung, die nach ihm besagt „Der Gegenstand und das Ziel der Politik ist der Friede“.[4] Desweiteren möchte er keine alltagssprachliche, klare Definition des Wortes Politik abgeben, er möchte, dass der Begriff Politik an alltagssprachliche und historische Bedeutungen anschließt. Für ihn ist auch sehr wichtig, dass Politik im Ursprung nichts mit Despotie oder Tyrannei zu tun hatte, das Wort Politik war der Despotie gegenübergesetzt und meinte eben keine Herrschaft, die nur auf Machtkonzentration und Machterhalt aus war.
Welches dieser Politikverständnisse in unseren heutigen Demokratien passender ist, ist gar nicht so einfach auszumachen, denn fraglos geht es auch in unseren zeitgenössischen Demokratien oft um Macht und deren Erhalt, wobei es lange nicht die einzige Facette der Politik ist. Friede und Verhandlung spielen eine sehr große Rolle, Verträge und Vereinbarungen werden geschlossen und Politik geht keineswegs nur von den führenden Persönlichkeiten im Staat aus. Wir haben zahllose Institutionen, die unerlässlich für die Politik in unseren demokratischen Staaten sind, welche meiner Meinung nach genauso zur Politik gehören, wie die Staatschefs und Führungspersönlichkeiten.
Auch wenn Macht unumstritten zur Politik gehört, finde ich den Politikbegriff von Sternberger angemessener für unser heutiges politisches System und vor allem finde ich es angebrachter, dass Macht und Herrschaft die Fundamente der Politik sind. Wenn man sich genauer mit Politik beschäftigt merkt man wie viele Verträge und Vereinbarungen es gibt und wie oft das Verhandeln und das Kompromisse finden im Mittelpunkt der politischen Aktionen steht. Auch haben wir gerade in Deutschland aus unserer Geschichte gelernt, dass es gefährlich sein kann, wenn nur Macht im Mittelpunkt der Politik steht und durch Gewaltenteilung, die es natürlich nicht nur in Deutschland gibt, ist die Macht, die fraglos eine Rolle in der Politik spielt nicht konzentriert, was auch immer wieder Absprachen, Abstimmungen und Verhandlungen mit sich bringt, wo wir wieder bei Sternbergers Politikbegriff wären.
Alles in allem glaube ich, das man weder Dolf Sternbergers noch Max Webers Begriff von Politik als alleingültige Wahrheit sehen kann. Ein Kompromiss beider Ansichten führt wohl am ehesten zur Wahrheit, doch sind meiner Meinung nach Sternbergers Aspekte ein viel grundlegenderer Baustein für Politik als Webers einseitige Ansichten von Mach und Herrschaft. Ich denke wir werden uns immer wieder neu Gedanken darüber machen müssen, was Politik in der heutigen Zeit für uns bedeutet.
Tim Müller, 1066778
[1] Max Weber, Politik als Beruf: 505
[2] WG I, Kap.1, §16
[3] Dolf Sternberger, Das Wort „Politik“ und der Begriff des Poltischen
[4] Dolf Sternberger, Das Wort „Politik“ und der Begriff des Poltischen