Gedichtsanalyse: Wolf Biermann: Und als wir ans Ufer kamen
Emanuel Hausmann Kommentar Wolf Biermann: Als wir ans Ufer kamen 22/11/07 Wolf Biermann: Als wir ans Ufer kamen Und als wir ans Ufer kamenUnd saßen noch lang im KahnDa war es, daß wir den Himmel Am schönsten im Wasser sahn Und durch den Birnbaum flogen Paar Fischlein. Das Flugzeug schwammQuer durch den See und zerschellteSachte am Weidenstamm - am WeidenstammJa was wird aus unseren Träumen In diesem zerrissnen Land Die Wunden wolln nicht zugehn Unter dem Dreckverband Und was wird aus unsern FreundenUnd was noch aus dir, aus mir-Ich möchte am liebsten weg sein Und bleibe am liebsten hier - am liebsten hier Wolf Biermann (1976) KommentarDas Gedicht „Und als wir ans Ufer kamen ist 1976 von Wolf Biermann geschrieben worden. Es handelt von Hoffnung, der Ungewissheit und der Angst, die viele Menschen in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) in den 60er und 70er Jahren beschäftigte. Gleichzeitig ist dieses Gedicht auch ein Lied, das unteranderem die Regierung der DDR dazu veranlasste Wolf Biermann nach einer Tournee durch die Bundesrepublik Deutschland 1976 auszubürgern. Das Gedicht handelt von einer Gruppe von Menschen (,,wir",
Z.1ff.), die eine Überfahrt über ein Gewässer hinter sich haben und sich überlegen, welche Chancen, Vorstellungen und Hoffnungen sie an dem erreichten Ufer haben. Das Gedicht besteht aus zwei Strophen zu je neun Versen. In der ersten Strophe werden die letzten beiden Worte des achten Verses im neunten Vers wiedergegeben wobei es in der zweiten Strophe die letzten drei Worte des achten Verses sind, die im neunten Vers wiederholt werden. Es sind zwar Reime vorhanden, die das Gedicht gleichmäßig klingen lassen, das Reimschema ist aber unregelmäßig. Hierzu kann man anmerken, dass es eine gewisse innere Unruhe der Überfahrenden beschäftigt. Das ...
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Z.1ff.), die eine Überfahrt über ein Gewässer hinter sich haben und sich überlegen, welche Chancen, Vorstellungen und Hoffnungen sie an dem erreichten Ufer haben. Das Gedicht besteht aus zwei Strophen zu je neun Versen. In der ersten Strophe werden die letzten beiden Worte des achten Verses im neunten Vers wiedergegeben wobei es in der zweiten Strophe die letzten drei Worte des achten Verses sind, die im neunten Vers wiederholt werden. Es sind zwar Reime vorhanden, die das Gedicht gleichmäßig klingen lassen, das Reimschema ist aber unregelmäßig. Hierzu kann man anmerken, dass es eine gewisse innere Unruhe der Überfahrenden beschäftigt. Das Metrum des Gedichtes ist unregelmäßig, wobei der natürliche Sprechfluss dagegen gleichmäßig und fortlaufend auf den Leser einwirkt. Direkt ins Augen fallen die inhaltlichen Enjambements. Der geschickte Einsatz der Enjambements bewegt den Leser zum langsameren Lesen und regt ihn zum Nachdenken an. Interessant ist ebenfalls, dass die erste Strophe in der Vergangenheit und die zweite Strophe in der Gegenwart geschrieben worden ist. Das lyrische Ich spricht in der ersten Strophe von ,,wir" (Z.1ff.) und befindet sich damit ein einer Gruppe von Menschen, was für die weitere Interpretation des Gedichtes im Bezug auf seine Zeit noch zu großer Bedeutung kommt. Diese Menschen gelangen gemeinsam an ein Ufer, folglich haben sie somit das Wasser vorher überquert. In der heutigen Zeit wird das Gewässer unteranderem als die Wirren des 2.Weltkrieges an sich oder die ungewisse Zeit danach sein interpretiert. Wasser drückt demnach ein Auf und Ab aus, wie es auch Deutschland erging, als es in zwei Teile geteilt wurde. Dass die Menschen in dieser Zeit, die mit der Stunde Null 1945 begann, nicht wussten, wie ihr Leben nach dem Krieg aussehen würde und was sie erwarten würde, zeigt dieser Gedichtanalyse demnach in der Formulierung, dass die Gruppe noch lange im Kahn saß. Alle saßen in einem Boot, hatten das gleiche Schicksal, in dem nun neuen Deutschland. Die Menschen warteten, was geschehen würde und trauten sich noch nicht, das Land zu betreten. In Zeile 3 sagt das lyrische Ich, dass sie ,,den Himmel am schönsten im Wasser sahn" (Z.3f.). Hiermit assoziiert der Leser die Hoffnung auf ein besseres Leben. Im historischen Hintergrund kann man damit die Hoffnung der Menschen in der neu gegründeten DDR, denen das kommunistische System systematisch vorkam. Allerdings sehen die Menschen diese gute Seite im Wasser, das heißt nicht real, sondern eben als Spiegelbild. „Und durch den Birnbaum flogen/Paar Fischlein. Das Flugzeug schwamm/Quer durch den See und zerschellte/Sachte am Weidenstamm.“ (Z.5-8) Diese Zeilen belegen, dass die Menschen damals mehr an die Utopie glaubten als sich der Realität stellten. Es gibt keine Fliegenden Fische ebenso wenig wie Flugzeuge nicht im See schwimmen. Das Flugzeug steht symbolisch für den enormen Machtapparat der DDR, der ,,Sachte[…]"(Z.8),,[…]zerschellte" (Z.7). Die langsame Auflösung bzw. die Erkennung des Scheiterns des kommunistischen Systems an das die Menschen bevor sie es selbst erlebt haben fest geglaubt hatten ist damit gemeint. Euphemistisch bzw. verniedlichend wirken die Wörter Kahn, Himmel und Fischlein auf den Leser. Die zweite Strophe beginnt mit großen Fragestellungen für den Menschen. Auffallend ist, dass bei diesen Lebensfragen die Satzzeichen fehlen. Fragen sind ,,Was wird aus unsern Träumen" sowie ,,Und was wird aus unsern Freunden". (Z.10,14). Die Menschen sorgen sich um ihr Leben und befürchten ihre Individualität in ihrem Staat zu verlieren. Dieses ,,zerrissne[s] Land" (Z.11) in dem sie leben, weißt auf die Teilung Deutschlands hin. ,,Die Wunden wollen nicht zugehn Unter dem Dreckverband". (Z.12.). Folglich leidet das geteilte Land unter der Zerteilung Deutschlands und die Politiker nicht fähig sind die beiden Staaten wieder zusammen zu führen. In dieser Zeit fühlten sich die Menschen düpiert, besonders wenn sie Freunde in Westdeutschland Deutschlands hatten. Die Angst vor der Zukunft und die Ungewissheit, ob man die Freunde wiedersieht - auf der anderen Seite die Liebe zur Heimat drückt das lyrische Ich in den letzten drei Zeilen aus, dass es nicht weiß, ob weg oder da bleiben will. Insgesamt zeigt das Gedicht von Wolf Biermann, das ja eigentlich ein Lied ist, die Lage der Menschen in Deutschland zu einer Zeit, in der der Kalte Krieg wütete und die Menschen große Angst vor der Zukunft hatten. Es sollte zu dieser Zeit aufrütteln, leider hat es mit dazu geführt, dass Wolf Biermann ausgebürgert wurde und daraufhin viele andere DDR-Künstler das Land verließen. Nach meiner Arbeitsmethode kann ein Lied oder ein Gedicht nur dann entstehen wenn sich das politische mit dem privaten überschneidet.Bei mir war Weltgeschichte auch immer Teil der Familiengeschichte. November 36AuschwitzText immanent/extern AusbürgerungBerliner EnsembleRegie Assistent 65 Auftrittsverbot UnentschlossenIdeologie, UtopieEnttäuschungEuphemismus „zerschellte Sachte“, contradictio in adiecto, Antithese Teilung 2 Strophen Ruhige Atmosphäre NaturPersonifikationSystemszerfall lautlos, verträumt, romantischUtopie vom Sozialismus (1)Realität (2)Metrum Wortwahl„Zerrissenes Land“ Metapher Wortfelder Rhetorische FrageUngewissheitDurchgehendes Metrum und Reimschema Frage schafft UnruheWunden Dreckverband (zusammengehalten, falsche Methode, lässt die Wunden nicht verheilen, dummer Arzt) StasiHeimat Vorbild Heine Kommunist Lyrisches Ich, DuBöse erwachen