Das Gemeinschaftsgefühl, welches Casy Tom vermittelt, entsteht, da er immer wieder Personalpronomen wie „wir“ benutzt und ständig betont, dass sie es nur „gemeinsam“ schaffen können. Der Ausdruck, dass „alle Menschen eine große Seele“ haben, ist eine Metapher. Die Seele wird wie eine Art Kugel dargestellt, in der alle Menschen einen Platz haben, und somit jeder Teil dieser Seele ist.
Casy steht Tom durchgehend zur Seite und vermittelt ihm, obwohl er kein Prediger mehr ist, Botschaften in unterschiedlichsten Lebenssituationen. Tom übernimmt Casys soziale Sichtweise. Er bemerkt, dass die dringende Suche nach Arbeitsplätzen der Flüchtlinge ausgenutzt wird.
Tom ist bereit, alles zu tun, um seine „Leute“ in dieser Situation zu beschützen. Er übernimmt die Rolle seines resignierten Vaters als Familienoberhaupt.
Tom Joad hat Caseys Lebenstheorie verstanden und übernommen. Er ist bereit, sein Leben zu opfern, in dem Bewusstsein, Teil dieser großen Menschenseele zu sein.
Durch Tom Joad wird im Roman deutlich, dass „wenn alle zusammenarbeiten, nicht einer für den anderen, sondern einer für das Ganze – dann ist es richtig [...]“ , was bedeutet, dass man als Einzelkämpfer in der Gesellschaft machtlos ist, als Gruppe jedoch mehr Macht besitzt. Gegen Ende des Romans erzählt Tom seiner Mutter, dass er vorhat, Casys Lebensideologie zu übernehmen. Er ist der Meinung, dass es bessere Löhne, Selbstbestimmung und Freiheit nur dann gibt, wenn sich alle zusammenschließen und gemeinsam handeln. Tom möchte seinem Leben einen tieferen Sinn geben und beschließt, den Menschen die Ungerechtigkeit ihres Lebens deutlich zu machen. Sie sollen gemeinsam gegen Hunger und Not kämpfen und sich für ein besseres Leben einsetzen. Zu diesem Zeitpunkt hat er die Lebenstheorie von Jim Casy verstanden: Alleine ist man machtlos, in einer Gruppe kann man jedoch durch sozialen Zusammenhalt sehr viel Macht erreichen.
Auch in „Hexenjagd“, von Arthur Miller, spielt Machtlosigkeit eine große Rolle. Hexenjagd spielt vor dem Hintergrund der Kommunistenjagd der McCarthy-Ära.
Das Theaterstück spielt im Jahre 1692 in Salem im US-Bundesstaat Massachusetts und handelt von der Hexenverfolgung und deren Folgen. Abigail Williams ist die Magd von John und Elizabeth Proctor, die auf Grund einer heimlichen Affäre mit John von dessen Frau entlassen wird. Abigail ist im Theaterstück zu Beginn aufgrund der sozialen Hierachie in der damaligen Gesellschaft machtlos.
Durch einen Vorfall geraten Abigail und ihre Freundinnen in den Verdacht, mit Hexerei zu tun zu haben. Um sich aus der Affäre zu ziehen, beschuldigen sie willkürlich andere Bürger von Salem, mit dem Teufel im Bunde zu stehen. Ein Gericht wird einberufen und die Beschuldigten landen im Gefängnis; ihnen droht die Todesstrafe. Pfarrer Parris bestellt den Exorzisten Hale, der der Stadt helfen soll, da Parris überzeugt davon ist, dass der Teufel am Werk sei.
Abigail nutzt ihre Macht und die Möglichkeit, John Proctors Frau Elizabeth aus Rache der Hexerei anzuklagen.. Damit gerät das soziale Gefüge durcheinander. Abigail wird wie eine Heilige behandelt. Sie besitzt die Macht, unschuldige Bürger der Hexerei zu beschuldigen und die Mädchen gehorchen ihr aus Angst. Proctor dagegen wird machtlos, da er seine Affäre mit Abigail nicht aufdecken will, aus Angst seinen sozialen Status in der Gesellschaft zu verlieren.
Im weiteren Verlauf hätte Proctor die Gelegenheit ergreifen können, mit Unterstützung anderer, die Wahrheit ans Licht zu bringen. In der Gerichtsverhandlung, in der die neue Magd Mary Warren gestehen möchte, dass sie nie irgendwelche Geister gesehen hat, ist Proctor auf Mary angewiesen. Ihre Aussage ist die einzige Möglichkeit, seine Frau Elizabeth aus der Gefangenschaft zu befreien „Ich...ich möchte meine Frau retten, Herr...“. Mary kommt „zerbrechlich“ und von Proctor „gestützt“ ins Gericht; Sie wirkt von Anfang an schwach und unschuldig. Mary sagt bei der Verhandlung zu Gunsten von Proctor aus, nie Geister gesehen zu haben, sondern dass es nur eine „Vortäuschung“ war. Abigail nutzt jedoch in der Verhandlung ihre Macht und behauptet, dass Mary im Bunde mit dem Teufel steht. Aus Angst vor Abigail widerruft Mary letztendlich ihre Aussage und beschuldigt stattdessen Proctor, im Bunde mit dem Teufel zu stehen.
Proctor ist ohne die Hilfe von Mary gegenüber den Aussagen von Abigail machtlos. Die Machtverhältnisse sind vertauscht und Proctor kann, ohne Mary nichts mehr ausrichten, da man ihm nicht glaubt. Ihm wird vorgeworfen, sich gegen das Gericht und die Kirche gestellt zu haben, die widerum die Gesellschaft vertreten.
Um dem Gericht zu beweisen, dass Abigails Handlungen nur auf einem Racheakt beruhen, gesteht Proctor ohne Rücksicht auf sein soziales Ansehen schließlich seinen Ehebruch. Seine Ehefrau verneint diesen Ehebruch, da sie nichts von Proctors Geständnis weiß und Proctor steht somit als Lügner da.
Er gerät in den Verdacht, selbst mit dem Teufel im Bunde zu stehen und muss ins Gefängnis. Da Proctor leben möchte ist er bereit dem Druck der Gesellschaft nachzugeben und erneut zu lügen und zu behaupten, dass er im Bunde mit dem Teufel stehe. Er wird gezwungen, sein Geständnis zu unterschreiben, damit es öffentlich gemacht werden kann, was Proctor jedoch nicht möchte. Er begreift, dass Parris und der Richter sein Geständnis benötigen, um der Stadt ihre Macht zu demonstrieren. Proctor stirbt letztendlich als Märtyrer. Der Schluss zeigt deutlich, dass Proctor durch das Geheimhalten seiner Affäre zu Abigail machtlos gegenüber dem Gericht und der Kirche geworden ist.
Tom Joad nutzt, verglichen mit John Proctor, seine Chance und versucht mit der Hilfe von Casy seine und die Situation seiner „Leute“ zu ändern. John Proctor hingegen hat bis zum Gericht im Theaterstück nicht den Mut, die Affäre mit Abigail zu gestehen, aus Angst vor den Verurteilungen der Bewohner von Salem.
Tom Joad hat es mit Hilfe der Lebenstheorie von Casy im Roman geschafft, seine Machtlosigkeit gegenüber der Gesellschaft zu überwinden und konnte diese Theorie auch seinen Mitmenschen vermitteln. Er zeigt, dass sich Missstände in der Gesellschaft (Arbeitslosigkeit, Freiheit und Hungersnöte) durch kooperatives Handeln statt durch Einzelgängertum verändern können.
In dem Theaterstück Hexenjagd wird vor allem die Machtlosigkeit durch das Angehören einer unteren Schicht in der Gesellschaft verdeutlicht. Je höher jemand sich in der Hierarchie der sozialen Schicht befindet, desto mehr Macht kann er auf andere ausüben. Nur durch eine List konnte Abigail sich Macht in der Gesellschaft verschaffen und handeln und damit ihr Leben verbessern. Der gesellschaftliche Druck auf Ansehen und Ehre führte dagegen bei Proctor zu
immer größeren Machtlosigkeit und letztendlich zum Tod.
In beiden Werken steht die Machtlosigkeit gegenüber der Justiz im Vordergrund, wobei Menschen machtlos ihrem Schicksal ausgeliefert sind.
„Aufrechten Menschen das Rückgrad zu brechen, ist das Ziel vieler Mächtiger, denn Leute ohne Rückgrad sind leicht zu manipulieren.“
Auch heute begegnen wir Macht und Machtlosigkeit in der Gesellschaft und ihren sozialen Schichten. So könnte zum Beispiel Tom Joad heute ein Mitglied der politischen Freiheitskämpfer in Nordafrika sein. Die Machtlosigkeit und den sozialen Abstieg von John Proctor finden wir heute häufig im politischen Umfeld und im Showbusiness, wo die Menschen permanent im öffentlichen Focus stehen und somit einem gesellschaftlichem Druck
und hohen Erwartungen ausgesetzt sind.
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Bibliographie:
Miller, Arthur. (1958) Hexenjagd.
46. Auflage, Dezember 2005. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag.
Steinbeck, John. (1985) Früchte des Zorns.
17. Auflage, Dezember 2008. München: Deutscher Taschenbuch Verlag.
Miller, Arthur. Hexenjagd. Die Hexenprozesse von 1692 in Salem (2001) [online].
Available from: [Accessed on 29th of August, 2011].
, Cornelia Strobe, „Deutung“, 29. August 2011.